Breiten Bevölkerungskreisen droht Armut
Von Peter Helmes
EZB muß weg von Negativzinsen
Deutschland steht vor einer Armutswelle. Die Inflation ist zutiefst unsozial. Menschen mit geringen Einkommen sind allein durch die Energiekosten mit einer drei- bis viermal höheren Inflation konfrontiert als Menschen mit hohen Einkommen.
Die Zahlen, die das Statistikamt veröffentlicht, sind Durchschnittsangaben. Persönlich aber betrifft die Inflation jeden in unterschiedlichem Ausmaß. Für ärmere Menschen ist die Inflation viel höher, weil sie einen größeren Anteil ihres Einkommens für die Dinge ausgeben müssen, die jetzt besonders teuer geworden sind – für Energie und Nahrungsmittel. Menschen mit wenig Einkommen leiden gerade besonders. Die hohen Preise belasten diese Menschen stark. Das Besondere in der jetzigen Situation ist aber, wie viele Menschen betroffen sind: Die Krise geht in die Mitte der Gesellschaft hinein.
Die steigenden Preise treffen nicht nur jene, die von relativer Armut betroffen sind, die also weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung haben. Das sind in Deutschland schon rund 17 Prozent der Bevölkerung. Jetzt gerät aber auch eine vierköpfige Familie in Schwierigkeiten, die mit 35.000 Euro Bruttoeinkommen pro Jahr eigentlich zur Mittelschicht gehört. Diese Familie kann mit 2.200 Euro netto im Monat nicht einfach mal 400 oder 500 Euro mehr für ihre Heizkosten, Lebensmittel oder Mobilität bezahlen. Besonders heftig bekommen Familien dies zu spüren, wenn sie einen Immobilienkredit abbezahlen müssen oder verschuldet sind, aber auch Unternehmen, die einen Kredit aufnehmen müssen.
Die Frage ist, inwiefern es gelingt, ein gewisses Gleichgewicht zwischen zwei wünschenswerten, aber im Widerspruch zueinanderstehenden Zielen zu erreichen: die Bekämpfung der Inflation einerseits und Wirtschaftswachstum andererseits.
Bei diesem Stichwort muß ich an eine politisch-ökonomische Binsenweisheit erinnern: Unser Wirtschaftsmodell funktioniert nur, wenn es einen sozialen Ausgleich gibt – wenn der Kuchen in der Wahrnehmung der meisten Menschen im Land fair verteilt wird. Doch das ist immer weniger der Fall.
Und das kann zu stärkeren politischen Konflikten und einer Aushöhlung der Demokratie führen. Gleichzeitig ist es so: Die Transformationen hin zu Klimaneutralität, technologischem Wandel und Digitalisierung erfordern eine große Anpassung der Menschen. Wenn es uns nicht gelingt, die soziale Akzeptanz für diese Transformationen herzustellen, werden diese scheitern.
Achillesverse Sozialstaat
Unsere Achillesverse ist der Sozialstaat, der so schlecht verwaltet ist, daß er nicht schnell und zielgenau agieren kann. Ich verstehe, daß es unter diesen Bedingungen nicht möglich ist, z.B. den Gaspreisdeckel einkommens- und bedarfsabhängig auszugestalten – was der beste Weg wäre, um zielgenau zu entlasten und gleichzeitig die richtigen Menschen dazu zu bewegen, Gas einzusparen.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie die Krise auf dem Rücken der Menschen, die wenig haben, ausgetragen wird. Denn: Das Geld wird per Gießkanne verteilt. Das heißt, Menschen mit einer großen Wohnung mit hohem Gasverbrauch bekommen in Euro viel mehr bezahlt als Menschen, die in einer kleinen Wohnung leben und weniger verbrauchen.
Ein weiteres, eklatantes Beispiel: Der Tankrabatt, der Geld von unten nach oben umverteilt hat. Die Menschen, die wenig haben, haben oft auch kein Auto. Somit hat ihnen diese Maßnahme nichts gebracht.
Der Sozialstaat versagt in einem gewissen Maße.
Das liegt aber nicht daran, daß er nicht genug tut – er tut sogar sehr viel. Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bislang 190 Milliarden Euro an Entlastungspaketen aufgelegt. Mit annähernd fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung ist das mehr, als fast jedes andere Land in Europa gemacht hat.
Deutschland bekommt die Entlastungen nicht zielgenau hin. Das heißt: Die Hilfen kommen nicht ausreichend bei den Menschen an, die diese wirklich benötigen. Kurz gesagt: Der Staat tut viel, aber nicht gut genug.
Mit 10,4 Prozent lag die Inflation auch im Oktober auf Rekordniveau. Besonders schnell steigen die Preise für Energie und Lebensmittel. Es sieht ganz danach aus, daß Deutschland am Beginn einer Armutswelle steht. Der Anstieg der Armut – ein Trend der vergangenen 20 Jahre – wird sich in dieser Krise vertiefen. Die Inflation ist zutiefst unsozial. Und was die Lage verschärft: Menschen mit geringen Einkommen sind allein durch die Energiekosten mit einer drei- bis viermal höheren Inflation konfrontiert als Menschen mit hohen Einkommen.
Die Zahlen, die das Statistikamt veröffentlicht, sind Durchschnittsangaben. Persönlich aber betrifft die Inflation jeden in unterschiedlichem Ausmaß. Für ärmere Menschen ist die Inflation viel höher, weil sie einen größeren Anteil ihres Einkommens für die Dinge ausgeben müssen, die jetzt besonders teuer geworden sind – eben für Energie und Nahrungsmittel.
Das Besondere in der jetzigen Situation ist aber, wie viele Menschen betroffen sind: Die Krise geht in die Mitte der Gesellschaft hinein. Die steigenden Preise treffen nicht nur jene, die von relativer Armut betroffen sind, die also weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung haben. Das sind in Deutschland schon rund 17 Prozent der Bevölkerung.
Jetzt gerät aber auch eine vierköpfige Familie in Schwierigkeiten, die mit 35.000 Euro Bruttoeinkommen pro Jahr eigentlich zur Mittelschicht gehört. Diese Familie kann mit 2.200 Euro netto im Monat nicht einfach mal 400 oder 500 Euro mehr für ihre Heizkosten, Lebensmittel oder Mobilität bezahlen.
Wir sprechen hier von rund 40 Prozent der Bevölkerung. Darunter fallen auch einige mit ganz ordentlichen Einkommen, die die hohen Preise jetzt trotzdem nicht stemmen können. Einerseits liegt das daran, daß viele Menschen trotz Arbeit nur wenig haben. Hinzu kommt aber ein sehr deutsches Problem: Fast 40 Prozent der Menschen hierzulande haben praktisch keine Ersparnisse.
Sie können die steigenden Kosten nicht aus ihrem monatlichen Einkommen stemmen, gleichzeitig aber auch nicht auf Rücklagen zurückgreifen. Das ist ein riesiges Problem. In Deutschland haben sich viele auf den Sozialstaat verlassen, der jetzt in dieser Krise nicht ausreichend liefert.
Auch in der Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahre ist einiges falsch gelaufen. Die Kosten für die Mieten sind in den letzten zehn Jahren zum Teil deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Zahlreiche Menschen müssen jetzt also nicht nur mehr für Energie ausgeben, sondern hatten in den vergangenen Jahren auch massive Anstiege ihrer Wohnkosten.
Wir werden noch einige Jahre unter dieser Krise leiden. Denn wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange. Für dieses Jahr erwarten wir eine Inflationsrate von durchschnittlich neun Prozent, im nächsten Jahr von sieben oder acht Prozent. Die Löhne steigen aber voraussichtlich weit weniger. Die Folge: In den nächsten anderthalb Jahren wird es für die Menschen weiter schlimmer werden, weil ihre Kaufkraft immer weiter sinkt.
Durch die Energiekrise gibt es einen langanhaltenden Schaden – nicht nur für wenige, sondern für sehr viele Menschen. Daran trägt die falsche Energiepolitik der vergangenen Jahre die Hauptschuld. Wir haben uns darauf verlassen, daß billiges Gas schon kommen wird.
Falsche Wohnungsbaupolitik, falsches Sparen
Hinzu kommen noch andere Probleme, die immer wieder übersehen werden: In der Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahre ist einiges falsch gelaufen. Die Kosten für die Mieten sind in den letzten zehn Jahren zum Teil deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Zahlreiche Menschen müssen jetzt also nicht nur mehr für Energie ausgeben, sondern hatten in den vergangenen Jahren auch massive Anstiege ihrer Wohnkosten.
Und selbst bei Leuten, die Geld auf die Seite legen können, gibt es ein Problem: Die Deutschen sparen schlecht, nämlich häufig in der Form von Lebensversicherungen, oder sie geben Geld auf ein Sparkonto – investieren aber nicht in Immobilien oder in Aktien. Wenn das mehr der Fall wäre, hätten viele Deutsche sogar vom Anstieg der Immobilienpreise der vergangenen Jahre profitiert.
Die Notenbank ist kein Zauberer
Die Notenbank kann wenig gegen die Auslöser des Inflationsschubs ausrichten. Weder kann sie direkt auf die hohen Energiepreise Einfluß nehmen noch die gestörten Lieferketten geradebiegen. Allerdings steht es in ihrer Macht, die sogenannte importierte Inflation dadurch zu drosseln, daß sie den Kursverfall des Euro durch höhere Zinsen stoppt. Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte also nicht nur die Zinsen weiter erhöhen, sondern auch die gewaltige Bilanzsumme deutlich reduzieren. Dennoch werden weitere Zinsschritte folgen müssen, um die Inflation in Zaum zu halten – selbst wenn der Preis dafür eine Rezession in vielen Ländern der Eurozone ist.
Die Ökonomen der DZ Bank haben diese Woche errechnet, daß die Bürger zwischen Nordsee und Alpen im Jahr 2022 voraussichtlich einen kumulierten Kaufkraftverlust von knapp 400 Milliarden Euro erleiden werden. Der Grund dafür ist der massiv negative Realzins von fast minus-7 Prozent. Der Realzins errechnet sich aus Nominalzins minus Inflation. Bereits im vergangenen Jahr betrug er –2,5 Prozent.
In der EZB verschloß man lange die Augen vor dem stetigen Inflationsanstieg, der schon deutlich vor dem Russland/Ukraine-Kriegsausbruch begonnen hatte. Inzwischen hat der EZB-Rat allerdings die Zeichen der Zeit erkannt. Dort sind nun die geldpolitischen Falken am Drücker, die sich im Gegensatz zu den Tauben für eine restriktive und stabilitätsorientierte Geldpolitik einsetzen.
Angesichts der enormen Teuerung, die in den baltischen Staaten seit Monaten bei über 20 Prozent liegt, ist es richtig und angemessen, daß die EZB am Donnerstag die Zinsen trotz einer heraufziehenden Rezession zum zweiten Mal hintereinander um satte 75 Basispunkte erhöht hat. Der Leitzins, der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz, notiert ab dem 2. November bei 2 Prozent und der am Geldmarkt wichtigere Einlagensatz für Geschäftsbanken bei 1,5 Prozent.
Im Dezember dürfte es eine weitere kräftige Zinserhöhung geben. An den Finanzmärkten wird für den Frühsommer kommenden Jahres ein Zinsniveau von rund 3 Prozent erwartet. Daß dies dann bereits ausreicht, um die Inflation wieder auf das mittelfristige Ziel der Notenbank von 2 Prozent zu senken, wird von einigen Ökonomen allerdings bezweifelt.
Deshalb ist es umso wichtiger, daß die Falken im EZB-Rat nun am Drücker bleiben und die Chance für eine geldpolitische Normalisierung nutzen. Dazu sind nicht nur kräftige Zinserhöhungen nötig, dazu gehört auch die Reduktion der gewaltigen Bilanzsumme. Sie ist von einst rund 2 Billionen auf knapp 9 Billionen Euro gewachsen, was 65 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Euro-Zone entspricht.
Enorm aufgeblähte Bilanzsumme
In der Bilanz entfallen gut 2 Billionen Euro auf subventionierte Kredite, welche die EZB in den vergangenen Jahren den Banken zur Verfügung gestellt hat, sowie knapp 5 Billionen Euro auf die beiden gigantischen Wertpapier-Kaufprogramme der letzten Jahre, nämlich das allgemeine Kaufprogramm (APP) und das Pandemie-Kaufprogramm (PEPP).
Am einfachsten wären zwei Maßnahmen: Zum einen sollte die Notenbank nun Anreize dafür setzen, daß die Geschäftsbanken ihre subventionierten Kredite frühzeitig zurückzahlen. Richtigerweise packt der EZB-Rat das Thema nun ebenfalls an. Zum anderen sollte die Notenbank möglichst bald damit aufhören, die Gelder aus fälligen Anleihen fortdauernd zu reinvestieren. Diese Entscheidung schiebt die EZB aber unverständlicherweise weiterhin vor sich her.
Zum Ausstieg aus den Reinvestitionen würde sich zunächst am besten das allgemeine Kaufprogramm eignen, wenngleich es auch beim Pandemie-Kaufprogramm kaum noch Gründe für fortlaufende Reinvestitionen gibt. Mit Letzterem kann die EZB aber besser steigende Zinsen am Markt für Staatsanleihen dämpfen, sollten diese aus ihrer Sicht zu stark anziehen.
Sparer müssen mehr Risiken eingehen
Spätestens im ersten Quartal 2023 wird die Inflation voraussichtlich zurückgehen, zeitgleich dürfte sich die Euro-Zone aber in einer Rezession befinden. Die EZB sollte dann nicht die Fehler vieler Notenbanken der 1970er Jahre wiederholen und die Inflationsbekämpfung zu früh einstellen.
Die Teuerung könnte dann nämlich, wie damals, erneut aufflackern, was später noch deutlichere Zinserhöhungen notwendig machen würde. Die Gefahr ist durchaus real, daß die Falken im EZB-Rat im nächsten Jahr wieder an Einfluß verlieren und sich die Mehrheit der Zins-Tauben einmal mehr durchsetzt.
Für Sparer wird sich am widrigen Umfeld ohnehin vorerst nichts ändern. Wer sein Geld auf das Giro- oder Sparkonto legt oder in sehr niedrig verzinste Papiere investiert, spart sich weiter arm. Diesem Schicksal kann nur entkommen, wer höhere Risiken eingeht und in riskanteren Anlageklassen wie beispielsweise Unternehmensanleihen oder Aktien anlegt.
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EU-Gipfel zur Energiekrise: nur Notfallmechanismus?
Von Peter Helmes
In letzter Minute – der Winter naht
Beim EU-Gipfel vor zwei Wochen in Brüssel haben sich die Mitgliedsländer auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Noch sind die Vorschläge zu zahm, und es fehlt an konkreten Maßnahmen auf vielen Gebieten. Aber immerhin: Noch stehen die Europäer geeint gegenüber Russland, und das ist schon einmal eine vertrauensbildende Maßnahme.
Auch sollen die Verhandlungen mit verläßlicheren Lieferanten wie Norwegen oder den USA vorangetrieben werden, um eine Mindestversorgung zu gewährleisten. Gemeinsam kann die EU mit ihrem Gewicht bessere Bedingungen aushandeln als die einzelnen Mitgliedstaaten für sich. Aber die nun vereinbarten Pläne müssen noch weiterentwickelt werden, um möglichst schnell in Kraft treten zu können – und auch deshalb hat Scholz bereits einen neuen Gipfel der Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen, falls die Energieminister nicht weiterkommen. Es muß eine Einigung her, bevor der Winter wirklich losgeht
Ein Dissens ist noch nicht ausgeräumt – wobei es nicht nur um Worte geht: Bundeskanzler Scholz sprach nach dem Treffen von einem „Notfallmechanismus“, Österreichs Kanzler Nehammer hingegen von einer beschlossenen „Gaspreisbremse“. Allein die Tatsache, daß sich die Staats- und Regierungschefs nach einer langen Verhandlungsnacht bei der verkündeten ‚Einigung‘ schon sprachlich nicht einig waren, was nun kommt, zeigt das Dilemma.
Die ganze Sache ist nicht nur kompliziert. Die Interpretationen zu Lösungsansätzen, wie Energie für Bürger billiger zu machen ist, hängen sehr davon ab, welche länderspezifischen Interessen damit verbunden sind. Daher hat der Gipfel im Kompromiß nur eine Richtung vorgegeben, mit der alle zufrieden sind. Mit den Details der vorgeschlagenen regulatorischen Eingriffe in einen marktwirtschaftlich geprägten Gashandel sollen sich nun erneut die Energieminister herumschlagen.
Olaf Scholz ist so isoliert wie keiner seiner Vorgänger
Das war am EU-Gipfel zur Energiekrise gut zu beobachten. Auch Emmanuel Macron hält sich zwar für den Schlausten in der Runde. Aber Scholz trägt den Besserwisser besonders penetrant vor sich her.
Es war ein historischer Fehler deutscher Regierungen, Europas Abhängigkeit von russischer Energie entgegen aller Warnungen bis zuletzt zu zementieren. Deshalb kommt es besonders schlecht an, wenn Scholz jetzt in der Energiekrise die Solidarität zu verweigern scheint und lieber auf nationale Lösungen setzt. Der deutsche Kanzler hat sein 200-Milliarden-Euro-Hilfspaket für Haushalte und Firmen zu Hause als „Doppelwumms“ verkauft. Allein die Wortwahl ist eine Dummheit. Kein Wunder, empören sich die Nachbarn über den nationalen Egoismus der Deutschen.
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Gefährliche Kriegs-Informationsmüdigkeit
Von Peter Helmes
Der unstillbare Informationsdurst der ersten Wochen und Monate im Russland/Ukraine-Krieg ist den meisten Menschen hierzulande vergangen. Sie sind kriegsmüde, so wie sie irgendwann auch Corona-müde geworden sind.
Das ist verständlich und zugleich gefährlich. Nicht nur, weil jedes Opfer dieses Verbrechens unser Mitgefühl verdient, sondern auch, weil wir abstumpfen gegenüber der immer monströseren Brutalität des russischen Militärs. Und nicht zuletzt, weil immer mehr Menschen den Eindruck bekommen, daß es nun langsam mal gut sein sollte mit der Unterstützung der Ukrainer.
In den USA ist dieser Trend vor den anstehenden Kongreßwahlen mit Händen zu greifen. Den Demokraten von Präsident Joe Biden droht eine krachende Niederlage, und falls es wirklich so kommt, werden die Republikaner die Waffenhilfe für Kiew wohl stutzen. Weil Olaf Scholz und die anderen europäischen Regierungschefs stets beteuern, in diesem Konflikt nur im Gefolge der Amerikaner zu handeln, ist es gut möglich, daß die bedrängten Ukrainer bald ziemlich allein dastehen und außer hehren Worten aus dem Westen nicht mehr viel kommt.
Umso wichtiger ist es, daß wir uns klarmachen, zu welcher Bedrohung Putins Kriegsbataillone mittlerweile geworden sind. Sie töten und zerstören, sie foltern und vergewaltigen, sie lügen wie gedruckt. Sie bereiten offenbar den Einsatz einer "schmutzigen Bombe" mit Nuklearmaterial vor. Sie setzen jeden Trick ein, um die Ukrainer zu verunglimpfen und uns in Deutschland Angst einzujagen, selbst wenn ihre Tricks manchmal tollpatschig wirken. Sie haben ein Netzwerk von Folterkellern errichtet, das an die dunkelsten Zeiten Europas erinnert.
Unter dem Druck einer drohenden Niederlage hat die Brutalität des russischen Kriegerregimes eine neue Dimension erreicht. Weil die Militärführung kläglich versagt, haben die Schergen des Geheimdienstes FSB und die Bluthunde von Putins Tschetschenen-Henker Ramsan Kadyrow das Zepter übernommen: Sie wüten in den besetzten Gebieten, martern Frauen, Männer und Kinder, lassen Kraft- und Wasserwerke und das AKW Saporischschja beschießen, verminen Staudämme, bereiten einen Vernichtungskrieg vor, wie man ihn von den Roten Khmer in Kambodscha oder den ruandischen Milizen kannte. Und im Kreml hockt mit aufgedunsenem Gesicht der Pate, bar jeder Empathie, skrupellos und hinterhältig, und facht den Horror weiter an.
Die Frage ist, was daraus folgt. Kann der Westen, kann Deutschland weitermachen wie bisher? Unterstützung der Ukraine ja, aber immer in Maßen? Militärhilfe ja, aber lieber nicht zu viel? Sanktionen gegen die Kreml-Herren ja, aber irgendwie muß man ja doch wieder ins Gespräch kommen?
Dieser Konflikt ist nicht allein durch Waffengewalt zu lösen. Dafür sind Verhandlungen und Diplomatie nötig. Es gibt keinen Grund, diese Überzeugung zurückzunehmen. Doch bisher sind Putin und seine Stiefelknechte nicht zu aufrichtigen Verhandlungen bereit. "Verhandeln" heißt für sie immer noch: Die Ukrainer müssen alle russischen Forderungen schlucken und Gebiete abtreten – dann kann es einen Waffenstillstand geben, währenddessen Putin heimlich wieder aufrüstet und den nächsten Angriff vorbereitet.
Das akzeptieren zum Glück weder Selenskyjs Regierung in Kiew noch die Nato-Länder. Um den Kreml zu ernsthaften Zugeständnissen zu zwingen und den Kriegstreibern dauerhaft die Hände zu binden, braucht es deshalb zunächst einmal noch stärkeren Druck. Durch weitere Waffenlieferungen, aber eben auch durch schärfere politische Signale.
Wollen die Staats- und Regierungschefs der demokratischen Länder in zweieinhalb Wochen wirklich einfach so zum G20-Gipfel nach Bali reisen und sich dort mit dem Kriegstreiber aus Moskau an einen Tisch setzen oder es ihm gestatten, sich per Video dazuzuschalten? Welch ein starkes Signal wäre es, würden die Herren Scholz, Biden, Macron, Sunak, Trudeau und Kishida klarstellen, daß sie nur dann zur Konferenz nach Indonesien reisen, wenn Putin ausgeladen wird!
Dieser furchtverbreitende Mensch gehört nicht in den Kreis friedliebender Staaten, er muß überall isoliert werden. Das würde auch dem Diktator in China und den Populisten in Indien und Brasilien zeigen: Wer sich mit so jemandem einläßt, stellt sich ins Abseits. Der muß damit rechnen, früher oder später ebenfalls aus dem Club der einflußreichsten Länder rauszufliegen.
Seit Jahren ist die Demokratie weltweit auf dem Rückzug. Die verbliebenen demokratischen Staaten müssen sich, ihre Werte und Interessen jetzt entschlossener verteidigen. Sonst geraten sie selbst irgendwann unter die Knute.
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Alarmierende Verstimmung zwischen Paris und Berlin
Von Peter Helmes
Können wir uns den Wahnsinn leisten?
Es steht nicht sehr harmonisch um die deutsch-französischen Beziehungen. Zum Hintergrund gehört gewiß, daß Kanzler Scholz alles andere als frankophil gilt. Er fremdelt mit der Grande Nation und pflegt wohl lieber seine anglophile Ader. Monsieur le Président Macron gehört gewiß nicht zu seinen Herzensfreunden.
In der Tagespolitik kann man solche Entwicklungen häufig an (vermeintlichen) Äußerlichkeiten feststellen. Beide Seiten betonen zwar unablässig ihre gegenseitige Freundschaft und ihr gegenseitiges Vertrauen. Aber das Gefühl, das sei beiden eine „Herzenssache“, will nicht so recht aufkommen. Das sieht man an Äußerungen, die man in den früheren Jahrzehnten so deutlich nicht gehört hat: Es gebe „eine ganze Reihe von unterschiedlichen Themen“, bei denen die beiden Regierungen „noch nicht so weit“ seien, „daß man zu einer einheitlichen Position gekommen ist“ (Regierungssprecher Hebestreit). Bisher stand unwidersprochen die gegenseitige Übereinstimmung stets an erster Stelle.
Zwischen Emmanuel Macron, dem französischen Staatspräsidenten, und Scholz knirscht es gewaltig. Ohne die deutsch-französische Achse läuft in der EU aber bekanntlich nichts rund, und so haben die Beziehungsstörungen auch direkte Konsequenzen für Europa. Daß es überhaupt so weit kam, hat mit der Wucht des Ukraine-Krieges, den unterschiedlichen Antworten auf die Energiekrise und womöglich auch mit dem Stil von Olaf Scholz zu tun.
Daß es nach dem Treffen zwischen Macron und Scholz in der vergangenen Woche weder eine gemeinsame Erklärung noch eine Pressekonferenz gab, zeigt deutlich, wie unterkühlt die Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland derzeit sind. Paris scheint nicht nur verärgert zu sein, daß es beim geplanten Luftabwehrsystem leer ausgeht, obwohl die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro aufgerüstet werden soll. Bei dieser Planung der europäischen NATO-Länder spielt Frankreich offenbar keine Rolle.
„Irritationen“
Ständig gibt es Diskrepanzen zwischen dem Élysée-Palast und dem Kanzleramt. Außenpolitik-Profis wie der erfahrene Außenpolitiker (und SPD-Fraktionsvorsitzende) Rolf Mützenich sprechen in solchen Fällen zwar nicht von einer „Krise“, aber doch von „Irritationen im deutsch-französischen Verhältnis“. Beide Seiten bemühen sich zwar darum, einen Eklat zu vermeiden; denn die internationale Lage ist dafür zu ernst. Dennoch schafften es Berlin und Paris derzeit nicht, eine gemeinsame Sitzung beider Regierungen abzuhalten. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, kündigte an, daß das bilaterale Regierungstreffen in der ehemaligen Königsstadt Fontainebleau in den Januar verlegt worden sei. Laut Hebenstreit „bedürfen die Abstimmungen noch einiger Zeit“. Die Vertagung sei „gemeinsam“ beschlossen worden.
Diese Verschiebung darf man durchaus als ein Novum betrachten. Frühere symbolische Regierungszusammenkünfte hatten noch immer wie geplant stattgefunden.
Von französischer Seite gab es vorerst keine offizielle Reaktion. Die französische Presse redet nicht um den Brei herum: Das Hauptproblem sei der von Kanzler Olaf Scholz seit Monaten geplante, unlängst präsentierte europäische Luftabwehrschirm, „European Sky Shield Initiative“. Frankreich ist nicht unter den 15 Partnerstaaten, offiziell, weil es bereits eine Raketenabwehr hat. Macron hatte allerdings angeboten, diesen Schirm mittelfristig auf interessierte Länder auszudehnen, um eine breite europäische Abwehrfront gegen russische Angriffe zu bilden. Das dauerte Scholz wiederum zu lange.
Daß die Franzosen das bilaterale Regierungstreffen – üblicherweise eine feierliche Zusammenkunft – abgesagt haben, läßt nur darauf schließen, daß Macron damit seinen Unwillen sehr deutlich ausdrücken wollte. Scholz’ Luftschirm-Projekt ist sicher die derzeit gravierendste Streitfrage zwischen Paris und Berlin – aber längst nicht die einzige. Auch bei milliardenschweren Rüstungsprojekten für den gemeinsamen Kampfjet FCAS oder den Panzer MGCS driften die deutschen und französischen Industriellen zunehmend auseinander.
Hat Berlin etwa nicht nur sein Interesse verloren, mit Frankreich gemeinsam neue Waffen zu entwickeln?
Ärger gibt es insbesondere um die militärische Ausrüstung. Macron hält jedenfalls die auf Importe aus den USA gestützten Waffensysteme für sinnlos. Aber die Verstimmung reicht auch weit in andere Bereiche hinein. Die deutsche Energiepolitik und das 200-Milliarden-Energiepaket stoßen beim französischen Präsidenten ebenfalls auf Ablehnung, so wie der deutsche Kanzler einen von Macron favorisierten Preisdeckel für Gas in der EU ablehnt. Auch im Verteidigungsbereich knirscht es, weil Deutschland amerikanische F-35-Kampfjets kaufen will. Und im Energiebereich, weil beide Länder beim Gaspipelineprojekt Midcat oder beim Gaspreisdeckel über Kreuz liegen.
Was wirklich beunruhigt, ist, daß Deutschland nach Einschätzung verschiedener Quellen offenbar seinen Status als europäische Führungsmacht über den des Solidaritätsmotors stellen will. Die deutsch-französischen Differenzen müssen schnellstmöglich behoben werden. Man darf solche Klimaschwankungen gerade zwischen Frankreich und Deutschland nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn diese zentralen Länder Europas sich nicht verstehen, kann die gesamte EU in Turbulenzen geraten.
Wie so oft in internationalen Fragen macht die Bundesregierung gegenüber Paris keine gute Figur und ist verantwortlich für das angespannte Verhältnis zu Frankreich. In der größten geopolitischen Krise Europas seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ordnet die Regierung in Berlin die strategische Koordination mit seinem wichtigsten Partner kurzfristigen Eigeninteressen unter.
Zuviel Dilettantismus
Keine Frage, auch Frankreich verfolgt zumeist eigene Interessen innerhalb Europas. Allerdings ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Fall von Deutschland besonders augenfällig. Vor wenigen Wochen sagte der Chef des Bundeskanzleramts, Wolfgang Schmidt, daß sich Deutschland auf dem Feld der Außenpolitik noch in seinen Teenager-Jahren befinde. Der flapsige Vergleich sollte die Unbeholfenheit des Landes mit einem Witz überdecken. Doch unbeabsichtigt trifft Schmidt den Kern des Problems: In der europäischen Familie benimmt sich Deutschland momentan wie ein egozentrischer Teenager, dem die anderen egal sind.
Deutschland spielt im europäischen Solidaritäts-‚Mikado‘ ohnehin eine sehr spezielle Rolle. Die Botschaft der Regierung in Berlin mit dem 200 Milliarden Euro schweren Schutzschirm zur Bekämpfung der Energiekrise war für alle anderen EU-Länder klar und deutlich: „Komme was wolle, wir können uns den Wahnsinn leisten.“
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Chinas und Xi Jinpings Weg zur Weltherrschaft
Von Peter Helmes
China besiegelt die Autokratie von Xi Jinping
Es war der übrigen Welt schon vor dem Ende des Parteitags der KPCh klar, daß Generalsekretär Xi Jinping eine dritte Amtszeit an der Spitze der chinesischen Kommunisten und damit des Landes erhalten würde. Dagegen hatten nicht alle damit gerechnet, daß Xi so gründlich mit den Traditionen der letzten Jahre brechen würde. Er hat nun eine Machtfülle wie zuletzt Mao, und er hat um sich ein umfassendes Netz aus Getreuen geknüpft.
Auf noch nicht absehbare Zeit wird es damit so gut wie keine Auseinandersetzung mehr zwischen den unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Partei geben, und auch die Begrenzung der Amtszeit auf zwei Mandatsperioden ist aufgehoben. Xi will China zum mächtigsten Land der Welt machen. Dazu setzt er auf eine nationalistische Agenda und eine zunehmende Überwachung und Ideologisierung der Bürger. Das ist ein besorgniserregendes Szenario.
Chinas Staats- und Parteichef Xi schwört die Delegierten auf dem Parteitag in Peking noch stärker auf seine Linie ein
Der 20. Parteitag fand von Samstag, 15.10.22, bis Samstag, 22.10., für eine Woche statt. Nur alle fünf Jahre treffen sich die kommunistischen Genossen und „wählen“ ihren Vorsitzenden und das Zentralkomitee, das kurz danach das Politbüro, bestehend aus rund 25 Personen, ernennt und dessen „Ständigen Ausschuß“ – das, eigentliche Machtzentrum Chinas – aufstellt.
Die Kommunistische Partei Chinas (KP) hat ihren neuen siebenköpfigen Ständigen Ausschuß des Politbüros vorgestellt. An der Spitze steht Staats- und Parteichef Xi Jinping, der für eine dritte Amtszeit als Generalsekretär bestätigt wurde.
Der siebenköpfige Ständige Ausschuss des Politbüros der KP Chinas (AFP / NOEL CELIS)
Zur Festigung seiner Führung besetzte das Zentralkomitee die vier freigewordenen Plätze des Ständigen Ausschusses mit engen Verbündeten Xis. Hier die Personalien im Überblick – die Reihenfolge entspricht der vermutlichen Rangordnung:
Die Nr. 1: XI JINPING
Der 69-Jährige wurde zu einer historischen dritten Amtszeit als Generalsekretär der KP wiedergewählt. Dies ebnet ihm den Weg, um im März auch für eine dritte Amtszeit als Präsident anzutreten. Die Weichen dafür hatte Xi bereits 2018 gestellt, als er die Begrenzung der Amtszeit des Staatschefs auf zwei Mandate abschaffte. Theoretisch könnte er nun Präsident auf Lebenszeit bleiben.
LI QIANG
Der Shanghaier Parteichef und Xi-Vertraute ist neu im Ausschuß und wurde zur Nummer zwei in der KP-Hierarchie befördert. Es gilt als wahrscheinlich, daß er im März zum Ministerpräsidenten ernannt wird. Dies wäre ungewöhnlich, da Li im Gegensatz zu den meisten früheren Regierungschefs keine Erfahrung als stellvertretender Ministerpräsident mit der Verwaltung von Geschäftsbereichen der Zentralregierung hat.
Unter Lis Führung hatten viele Bewohner Shanghais während im Corona-Lockdown keinen Zugang zu Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Li gehört jedoch zu Xis engsten Vertrauten, der 63-Jährige hatte für ihn von 2004 bis 2007 als Stabschef in der Provinz Zhejiang gearbeitet.
ZHAO LEJI
Der 65-Jährige leitete früher die oberste Anti-Korruptionsbehörde und bleibt im Ständigen Ausschuß. Der Verwaltungsbeamte wurde zur Nummer drei in der Parteihierarchie befördert. Zhao ist Parteisekretär von zwei Provinzen und gehört dem Politbüro seit 2012 an.
WANG HUNING
Auch der 67 Jahre alte Wang war bereits Mitglied des Ständigen Ausschusses und wurde nun zur Nummer vier in der KP-Hierarchie befördert. Der ehemalige Universitätsprofessor wird auch als der „Kopf hinter dem Thron“ bezeichnet.
Wang hat die Ideologien von drei chinesischen Präsidenten entwickelt. Zudem gilt er als Architekt von Xis „chinesischem Traum“ und der selbstbewußten Außenpolitik des Landes.
CAI QI
Cai ist seit 2017 Parteichef in Peking und wurde in den Ständigen Ausschuß befördert. Er wird Leiter des Generalsekretariats, welches das Tagesgeschäft der KP verwaltet. Der 66-Jährige gilt als enger Vertrauter von Xi und war unter ihm in den Provinzen Zhejiang und Fujian tätig.
2014 war Cai als stellvertretender Leiter des Büros der Nationalen Sicherheitskommission nach Peking entsandt worden. Er überwachte auch die Olympischen Winterspiele in Peking im Februar.
DING XUEXIANG
Das Politbüromitglied wurde von Xi in den Ständigen Ausschuss befördert – eine Entscheidung, die Beobachter erwartet hatten. Der 60-Jährige begleitet Xi regelmäßig bei Terminen. Der ehemalige Leiter des Generalbüros der KP war noch nie Parteichef oder Gouverneur auf Provinzebene.
Ding und Xi arbeiteten bereits in Shanghai zusammen, wo Ding dem Parteikomitee angehörte. Xi war dort von 2007 bis 2008 Parteichef. 2013 zog Ding nach Peking, um als Xi´s persönlicher Sekretär zu arbeiten.
LI XI
Die Beförderung des Politbüromitglieds und Parteichefs der Provinz Guangdong in den Ständigen Ausschuß kam für viele Beobachter nicht überraschend. Der 66-Jährige wurde zudem als Leiter der Anti-Betrugsbehörde der KP bestätigt.
Li gilt als Vertrauter von Xi, den er seit den 1980er-Jahren kennt. Er arbeitete als Sekretär für einen engen Vertrauten von Xi´s Vater. Li hat sich zudem eine Machtbasis in Shaanxi aufgebaut, der angestammten Provinz von Xi.
(Quelle: Auf Basis von Material der Nachrichtenagentur AFP)
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Die KPCh – Es zählt nur die Partei
Allerdings ist es kein „normaler Parteitag“ nach westlichen Maßstäben. Es ist mit rd. 2.300 Delegierten das Treffen der Mächtigsten des Landes. Die Kommunistische Partei herrscht seit 73 Jahren. Sie ist die Zentrale, die alles entscheidet. Dazu zählen das 200-köpfige Zentralkomitee, das Politbüro und der sieben Personen zählende Ständige Ausschuß des Politbüros, der das höchstgestellte Organ in der Partei ist. Dessen Zusammensetzung hat sich wohl durch Xi Jinpings Eingreifen geändert. Die Entscheidung, wer welche Position behalten kann oder bekommt, wird bereits vorher im stillen Kämmerlein ausgekungelt. In der von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichten Liste der Mitglieder des ZKs sind mehrere prominente Namen nicht mehr vertreten:
Dazu zählen der im März aus seinem Amt scheidende Ministerpräsident Li Keqiang sowie der als sein potenzieller Nachfolger gehandelte Reformer Wang Yang, einer der liberalsten Vertreter innerhalb der KP. Obwohl beide erst 67 Jahre alt sind und somit unter der Altersbegrenzung von 68 Jahren liegen, scheiden sie nun aus dem Zentralkomitee aus und sind damit auch nicht mehr im Politbüro und seinem Ständigen Ausschuß vertreten, der die eigentliche Macht in China innehat.
Neu-Besetzungen
Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat seine Macht auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei weiter ausgebaut. Zum Abschluß der Veranstaltung in Peking am 22. Okt.
bestätigten die 2.300 Delegierten einstimmig Xi´s „zentrale Rolle“ in der KP.
Auf Xi´s Betreiben wurde die Altersbegrenzung für das Amt des Generalsekretärs jedoch 2018 abgeschafft. Der 69-Jährige Xi hat sich vom Zentralkomitee der KP in diesem Amt bestätigen lassen. Es wird seine dritte Amtszeit, die wiederum auf fünf Jahre angelegt ist.
Im neuen Ständigen Ausschuß trat überraschend der Shanghaier Parteichef Li Qiang an zweiter Stelle auf das Podium. Die Auswahl des 63-Jährigen deutet darauf hin, daß der enge Vertraute von Xi Jinping im März neuer Regierungschef werden soll. Er rückt damit neu in den innersten Machtzirkel auf.
Dem neuen Ständigen Ausschuß gehören weiter der Chef der mächtigen Disziplinkommission, Zhao Leji, der Chefideologe Wang Huning sowie Pekings Parteichef Cai Qi, der Stabschef und enge Xi-Vertraute Ding Xuexiang sowie der Parteichef der wirtschaftlich wichtigen Provinz Guangdong, Li Xi, an.
Neuer „Sozialismus chinesischer Prägung“
Zum Abschluß des KP-Parteitags hatten die Delegierten mehreren Verfassungsänderungen zugestimmt. Einstimmig zementierten die Delegierten in der Parteicharta die „zentrale Rolle“ Xi´s in Partei und KP-Führung. Dagegen wurden seine bisherigen politischen Theorien jedoch nicht zu „Xi-Jinping-Gedanken“ verkürzt – also nicht analog zu den „Mao Zedong-Gedanken“ von Chinas Staatsgründer.
Dafür wurden seine 2017 in die Statuten aufgenommenen „Xi Jinping-Gedanken für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer Neuen Ära“ als Leitlinien „für den Marxismus im modernen China“ festgeschrieben. Erstmals unterstreicht die Parteiverfassung zudem Pekings strikte Ablehnung einer Unabhängigkeit Taiwans.
Zudem werden auf dem Parteitag die Leitlinien der Politik Chinas in den kommenden Jahren deutlich. Es geht um den Aufstieg und die Festigung eines zunehmend nationalistischen, autoritären und aggressiven Chinas. Xi strebt für sein Land eine Rolle als globale Supermacht an, die in der Lage ist, eine gegen den Westen gerichtete Weltordnung zu gestalten. Unter der Führung Xi Jinpings ist in den vergangenen Jahren ein ganz anderes China entstanden. Es ist zu Hause repressiver und im Ausland aggressiver.
Für ihn steht die Welt heute wieder an einem Scheideweg. In seiner Grundsatzrede hat Präsident Xi Antworten darauf gegeben, wie China sich all den Herausforderungen stellen will. Unter der kommunistischen Führung will das Land „das Jahrhundert des nationalen Aufstiegs“ ansteuern.
„Es ist unser gutes Recht, einen eigenen Weg der Modernisierung zu finden, der am besten zu unserem Land paßt. Es gibt keine Blaupause, die China kopieren könnte. Das vor allem im Westen vorherrschende, angeblich moderne Gesellschaftsmodell muß beendet werden – es blockiert die Entwicklung von ärmeren Ländern und Schwellenländern. Gerade beginnt eine Veränderung historischen Ausmaßes“, heißt das bei Xi.
Der Titel „Staatspräsident“ ist für Xi Jinping eher eine Hülse, ein Ausdruck, damit ihn andere Länder einordnen können. Zentral für ihn ist, daß er Parteichef ist – und bleibt. Xi hat dafür extra die verfassungsmäßige Amtszeitbeschränkung abändern lassen. Er kann jetzt potenziell auf Lebenszeit regieren. Zugleich hat er einen Personenkult aufgebaut, wie es ihn seit Mao Zedong nicht mehr gab. Die Medien sind gleichgeschaltet. Publizieren darf nur noch, wer sich aus staatlichen Geldern finanziert.
Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen könnten sich als kleines Vorspiel zu jenem Drama erweisen, das von einem Mann mit unermeßlich größerer Macht als Putin ausgelöst wird: Xi Jinping. Auf dem 20. Kongress der Kommunistischen Partei Chinas erhielt er Befugnisse, die mit jenen des russischen Führers vergleichbar sind. Nur steht Xi nun an der Spitze einer Wirtschaft, die zehnmal größer ist als die russische und die tatsächlich in der Lage ist, Amerika herauszufordern.
Führer auf Lebenszeit
Nach Mao hat China einen neuen Führer auf Lebenszeit. Xi wurde auf diesem Parteitag zum Staatschef für die dritte Amtszeit ausgerufen. Vorbereitet hat Xi diesen Aufstieg sehr gründlich: Genauso wie Mao hat auch er ein rotes Buch. Mit einem Unterschied: Bei ihm ist es eine mobile Version. „Erkenne ein starkes Land“, heißt die App und ist für die öffentlich Beschäftigten Pflicht. Aber das ist nicht alles: Von der Grundschule bis zur Universität ist die sogenannte „Xi-Jinping-Doktrin“ seit 2021 ein Pflichtfach. Vor allem wurde auf dem Kongreß auch eine Verfassungsänderung beschlossen, die eine Opposition gegen Xi so gut wie unmöglich werden läßt. Sich gegen ihn und seine Doktrin zu stellen, heißt jetzt, sich gegen die Verfassung zu stellen.
Die Wahl für eine dritte Amtszeit ist ein Bruch mit früheren Traditionen. Die ersten zehn Jahre Xi´s an der Macht waren von wirtschaftlichem Wachstum, Aufrüstung und einer offensiven Handels- und Außenpolitik gekennzeichnet. Menschenrechte fielen dabei immer mehr einer Politik zum Opfer, die vor allem auf strenge Überwachung setzt und nicht den leisesten Dissens duldet. Besonders hart von der Unterdrückung ist die muslimische Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang betroffen, und in Hongkong wurde die große Demokratiebewegung zerschlagen. Die militärischen Drohungen gegen Taiwan nehmen zu, obwohl Xi auch die Hoffnung auf eine friedliche Wiedervereinigung äußerte. Das Problem für Peking ist und bleibt, daß eine überwältigende Mehrheit der Taiwanesen keine Unterwerfung wünscht.
Die Welt sollte jedoch gewarnt sein vor einer langen Amtszeit von Xi Jinping, dessen aggressive Politik immer stärker in den Vordergrund rückt. Mit seiner Außen- und Sicherheitspolitik, die chinesische Macht und Stärke demonstrieren soll, deutet Xi an: Er hätte nichts dagegen, mit den einst befreundeten Staaten wie den USA, Europa oder Japan in Konfrontation zu gehen.
Damit gestaltete sich die wichtigste Wahl der Welt in diesem Jahr nicht als Wahl, sondern als Krönung. Mit der „Salbung“ Xi Pings durch die Kommunistische Partei Chinas für eine dritte fünfjährige Amtszeit wurde Chinas Verbindung von aggressivem Nationalismus und kommunistischer Ideologie bestätigt, die die größte Bedrohung der Freiheit ist. Sie garantiert nahezu eine Konfrontation zwischen China und den USA.
Die USA sind sich der Bedrohung durch China schon länger bewußt und haben das Land schon vor einiger Zeit zu ihrer obersten außenpolitischen Priorität erklärt. Europa hat solche Entwicklungen natürlich auch auf dem Radar, aber hier scheint das Gefühl von Dringlichkeit zu fehlen. Der Schwerpunkt liegt verständlicherweise auf Russland, während wir in vielen Bereichen ebenso stark von China abhängig sind. Europa sollte sich darüber im Klaren sein, daß es vielleicht nicht so viel Zeit hat, wie es gerne hätte. Die wachsende Macht von Xi bringt Herausforderungen mit sich. Die Frage, wie wir damit umgehen, wird schon länger gestellt. Aber es ist nun auch an der Zeit, sie zu beantworten.
Auswirkungen auf Deutschland
Während Merkels Kanzlerschaft wurden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Deutschland weiter ausgebaut. Menschenrechte wurden bei den Reisen der Kanzlerin eher diskret adressiert. Seit Jahren ist China unser wichtigster Handelspartner in der Welt – und wir sind für die Volksrepublik der wichtigste in Europa.
Welche Gefahr darin steckt, machten Vertreter der deutschen Geheimdienste erst vor wenigen Tagen in ungewöhnlich drastischen Worten bei einer öffentlichen Anhörung durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags deutlich. Dort sprach der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, zunächst über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dann aber rechnete er mit der deutschen China-Politik ab. Obgleich von einem „zur Globalmacht aufsteigenden autokratischen China“ eine erhebliche Bedrohung ausgehe, seien die deutsche Politik und Gesellschaft zu vertrauensselig gewesen und hätten sich „in eine schmerzhafte Abhängigkeit“ begeben.
Auch der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, machte in der Anhörung klar, daß er China für die größte Gefahr hält: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel." Es ist nicht Haldenwangs erste Warnung. Bereits zuvor hatte er in einem Interview mit dem Südwestrundfunk gesagt: „Langfristig gesehen könnte sich China auch zum Gegner Nummer eins entwickeln.“
Streit in der Bundesregierung über eine mögliche Beteiligung Chinas am Hamburger Hafen
Olaf Scholz hat schon wieder ein Machtwort gesprochen. Er wollte die Beteiligung des chinesischen Terminalbetreibers Cosco am Hamburger Hafen auf alle Fälle durchdrücken. Der sozialdemokratische Regierungschef hatte dabei nicht nur sechs Ministerien und die Opposition gegen sich. Auch aus den Sicherheitsbehörden und ebenso aus der EU-Kommission wurden die Warnungen vor China immer lauter.
Im Falle Chinas scheint Scholz Merkels Fehler fortführen zu wollen.
Der Fall des Hamburger Hafens ist dafür ein Lehrbeispiel. Dessen Terminalbetreiber HHLA (gehört mehrheitlich der Stadt Hamburg) wollte 35 Prozent des Containerterminals Tollerort an die staatliche chinesische Reederei COSCO verkaufen. Da es sich um kritische Infrastruktur handelt, mußte die Bundesregierung den Erwerb jedoch genehmigen. Nach Informationen von WDR und NDR wollte das Kanzleramt von Anfang an die Genehmigung erteilen.
Das chinesische Staatsunternehmen COSCO (China Ocean Shipping Company) ist eine der größten Reedereien der Welt und betreibt selbst Containerterminals. Ursprünglich (seit Mitte 2021) war mit der Hamburger Hafengesellschaft HHLA vereinbart, daß COSCO eine Beteiligung von 35 Prozent an einem der Hamburger Terminals übernehmen soll – am Containerterminal Tollerort (CTT). An der HHLA ist wiederum die Stadt Hamburg mit 69 Prozent beteiligt. Der CTT ist der kleinste von vier Containerterminals im Hafen. Insgesamt wurden in der Hansestadt im vergangenen Jahr 8,7 Millionen Standardcontainer umgeschlagen, davon am CTT 1,2 Millionen. COSCO und HHLA haben eine langjährige wirtschaftliche Beziehung, seit 40 Jahren fahren COSCO-Schiffe das Terminal von HHLA an.
Eine chinesische Beteiligung am Hamburger Hafen wäre nicht die erste in Europa. COSCO hält bereits Minderheitsbeteiligung in den Häfen von Rotterdam, Amsterdam, Bilbao, Valencia und Istanbul. Im Zuge der Finanzkrise hat die Reederei den griechischen Hafen Piräus übernommen, zunächst ebenfalls aus einer Minderheitsbeteiligung heraus. Für die Hafenanlage hatte 2019 die Europäische Investitionsbank COSCO einen dreistelligen Millionenbetrag für den Ausbau zur Verfügung gestellt.
Scholz´ Morgengabe für China
Die Entscheidung mußte in dieser Woche vom Bundeskabinett getroffen werden. Der Bundeskanzler wollte die Beteiligung unbedingt, da er schließlich in der nächsten Woche zum ersten Mal als Bundeskanzler nach China reist. Scholz wollte deshalb keinesfalls eine Untersagung akzeptieren, sondern die Beteiligung am Hamburger Hafen sollte sozusagen als Morgengabe in sein Reisegepäck.
Aber unserem Land erweist der Bundeskanzler mit diesem Regierungsstil gleich in mehrfacher Hinsicht einen Bärendienst. Zum einen gibt er sein Kabinett der Lächerlichkeit preis. Wenn es darauf ankommt, haben sie nichts zu sagen. Zum anderen verweigert er – wie so oft – ganz einfach eine öffentliche Begründung für seine Haltung. Und zum dritten: Dieser Erwerb an der Terminalgesellschaft berührt zutiefst die Sicherheitsinteressen unseres Landes.
Immerhin bekommt der chinesische Staatskonzern mit dieser Beteiligung Zugang zu wesentlichen Daten des Frachtverkehrs im Hamburger Hafen. Und das exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Kommunistische Partei in China ihren aggressiven Ton in der Außenpolitik erneut verschärft und mit einem Krieg gegen Taiwan droht.
Bundeskanzler Olaf Scholz wird Anfang November mit einer Wirtschaftsdelegation nach China reisen. Die Einigung innerhalb der Regierungskoalition gilt als wichtiges politisches Signal an China. Konsequenterweise hatte Scholz beim EU-Gipfel Kritik an der geplanten chinesischen Beteiligung am Hamburger Hafen zurückgewiesen.
Nächstes Problem: Ausbau der Erneuerbaren Energien
Völlig offen ist auch die Frage, wie sich die Abhängigkeit von China beim Ausbau der erneuerbaren Energien verhindern läßt. Vermutlich gar nicht. Über 90 Prozent aller Solarzellen, die in Deutschland verbaut werden, kommen aus China.
Das Bundeskabinett hat gestern, wie von Scholz geplant, die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem Container-Terminal im Hamburger Hafen gebilligt. Damit hat die Bundesregierung allerdings nur grünes Licht für einen Kompromiß gegeben: Statt der geplanten 35 Prozent soll COSCO nur einen Anteil von 24,9 Prozent erhalten. Formal bekommt der chinesische Staatskonzern damit kein Mitspracherecht in Strategiefragen. Die Skepsis in einigen der beteiligten Ministerien, unter anderem dem Wirtschaftsministerium und dem Außenministerium, war und bleibt aber groß.
Zu dieser Entscheidung drei Kritikpunkte:
Erstens: Sie verstärkt die Abhängigkeit von China.
Zweitens: Sie bestärkt die Führung in Peking in ihrer Überzeugung, daß ihre Politik der Einschüchterung funktioniert.
Drittens: Sie isoliert Deutschland in Europa, wo keiner versteht, daß sich ausgerechnet das größte Land der EU von einer Abhängigkeit in die nächste stürzt, zum Schaden der gesamten Union.
Ich muß leider ergänzen, daß nicht allein Deutschland naiv war und ist. Viele europäische Länder erlaubten den Chinesen schon, Betriebe und Infrastruktur unter ihre Kontrolle zu bringen (was den Europäern in China verwehrt bleibt). Deshalb konnte Cosco im Fall Hamburg mit der Verschiebung des Geschäfts in andere Häfen drohen. So aber sollten die Europäer sich nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Bundeskanzler Scholz brüskiert damit nicht nur FDP und Grüne, er agiert auch gegen den Rat von Wirtschaftsexperten, die auf mehr Distanz und auch Härte gegenüber China drängen. Zu schnell ließ sich Scholz da auf die Spielregeln eines Regimes ein, das uns die Regeln aufzwängen will.
Warnung in den Wind gepfiffen
„Der Erwerb von Anteilen am Containerterminal Tollerort durch die chinesische Staatsreederei COSCO erweitert den strategischen Einfluß Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig“, heißt es in einer mir vorliegenden Protokollnotiz, die das Auswärtige Amt im Kabinett einbrachte. Nach Informationen aus Regierungskreisen schlossen sich auch die FDP-geführten Ministerien sowie das Bundeswirtschaftsministerium der Notiz an. Doch das alles prallte an Scholz´ Sturheit ab.
Peking würde umgekehrt niemals zulassen, was Cosco in Hamburg erreicht hat. Das Regime macht Firmen, die im Reich der Mitte aktiv sind, das Leben schwer. Der Fall Cosco müßte deshalb Anlaß sein, auf nationaler wie auf europäischer Ebene eine Strategie im Umgang mit China zu finden.
Ein Blick auf das Handelsvolumen:
Mit einem Gesamtvolumen von 246 Milliarden Euro ist China Deutschlands wichtigster Handelspartner. Der Anteil am Außenhandel mit China hat sich seit 2002 verdreifacht, von 3,8 auf 9,1 Prozent.
Indien, der andere große Markt, gilt noch nicht als Ersatz. Klar ist, daß ein Ende des Handels mit China oder gar ein Wirtschaftskrieg wirtschaftliche Schäden für Deutschland nach sich ziehen würde. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt würde um 0,5 bis 0,8 Prozent sinken, weil vor allem High-End-Produkte nach China exportiert werden: Autos, Elektronik und auch Vorprodukte.
Die Bundesregierung hat eine neue China-Strategie angekündigt, die Diskussion um die COSCO-Beteiligung zeigt, daß dies notwendig und drängend ist.
Erst im September hatte Außenministerin Annalena Baerbock davor gewarnt, gegenüber China die gleichen Fehler zu begehen wie bei Russland. Doch Scholz scheint unbelehrbar.
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Neue Regie, neue Töne bei Twitter
Von Peter Helmes
Elon Musk, der Tausendsassa-Unternehmer, ließ seine Muskeln (Geld) spielen und hat sein Firmenportfolio mit dem Kurzmitteilungsdienst Twitter erweitert. Und schon am ersten Tag seiner Inbesitznahme räumte er auf – beginnende mit der (bisherigen) Chefetage.
Elon Musk entließ erst einmal die Top-Manager der Plattform, denen er vorwarf, ihn über die Anzahl der Spam-Konten in die Irre geführt zu haben. Unter den Gefeuerten ist auch die Juristin Vijaya Gadde, die für die Sperrung des Accounts von Donald Trump verantwortlich war.
Die Twitter-Seifenoper hat also eine neue Ebene erreicht. Wir erleben die Phase, in der Elon Musk Stärke demonstriert. Er veröffentlichte ein Video, in dem er das Twitter-Hauptquartier in San Francisco betrat und ein Waschbecken trug. Musk wollte damit das Signal aussenden, daß er den „Schweinestall“ säubern wolle – weil er, wie er sagte, die Menschheit liebe. Das wirkt zwar lustig, ist aber beängstigend zugleich.
Mit Tausenden von üppig bezahlten Mitarbeitern, einem wackeligen Geschäftsmodell und einem erbitterten Preiskampf um einen schrumpfenden Internet-Werbemarkt – ganz zu schweigen von den riesigen Schulden, die zur Finanzierung der Übernahme nötig sind – sieht die Zukunft des Unternehmens „prekär“ aus. Obwohl Twitter weltweit mehr als 200 Millionen Nutzer hat, war es nie eine lukrative Werbemaschine wie etwa Google oder Facebook. Wenn man das alles zusammenzählt, könnte der Chef-Twitterer bald auf ein schwarzes Loch blicken.
Aber all die Schwarzmaler, die nun Twitters Ende heraufbeschwören, sollten erst einmal abwarten. Natürlich ist Musk exzentrisch, impulsiv und provoziert leidenschaftlich gern – vor allem die politische Linke.
Der 51-Jährige ist aber auch ein enorm erfolgreicher Geschäftsmann, der in den letzten zwanzig Jahren mit seinen Firmen die Automobil-, die Raumfahrt und die Energieindustrie revolutioniert hat wie kein anderer. Es wäre nicht das erste Mal, daß Musk seine Zweifler eines Besseren belehrt. Vor allem aber müssen sich die 44 Milliarden Dollar, welche die Twitter-Übernahme kostet, für Musk und seine Kreditoren rentieren. Wir sollten ihn an seinen Taten messen, nicht an seinen Worten.
Musks forscher Auftritt als oberster Twitterant steht symptomatisch für all das, was den Kurznachrichtendienst und seine Nutzerinnen und Nutzer bald erwarten könnte: ein Rechtsruck mit allem Drum und Dran, dem kaum Sanktionen gegenüberstehen dürften. Das erfreut einerseits konservative Gemüter – wie mich auch. Andererseits muß man aber die Kirche im Dorf lassen: Die publizistische Balance sicherzustellen, ist Aufgabe der Politik, wenn die Selbstreflexion der Medien nicht ausreichend greift.
Während Haßrede in den USA unter die Redefreiheit fällt, schützt europäisches Recht vor ebendieser. Derzeit hakt es zwar noch an der Durchsetzung. Aber muß die Politik (EU) gleich zu einer Keule namens „Digital Services Act“ greifen, der die sozialen Medien strengeren Regeln unterwirft? Ignorieren kann Musk das allerdings nicht. Dafür ist Europa ein zu wichtiger Markt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß der frühere US-Präsident Trump nicht zu Twitter zurückkehren will. Die amerikanische Zeitung USA TODAY nimmt den Fall zum Anlaß, über die Meinungsfreiheit im Netz zu diskutieren: „Viele führende Politiker in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt halten es für bedenklich, daß ein privates Unternehmen die Redefreiheit eines Einzelnen so einfach einschränken kann. Zur Demokratie gehört auch, daß Menschen schimpfen und toben dürfen. Wenn uns nicht gefällt, was Trump zu sagen hat, können wir ihn blockieren, seine Beiträge markieren und löschen oder einfach nicht zuhören...“
Aber wir dürfen es weder der Politik noch Unternehmen überlassen, uns zu diktieren, was wir sagen dürfen und was nicht. Meinungsfreiheit gilt für alle und überall!
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Leicester, U.K. – Wo der offene Religionskrieg zwischen Moslems und Hindus tobt
Von Alex Cryso
Im Zeichen der ethnisch-religiösen Durchmischung werden immer mehr genau die Gebiete zum Kriegsterrain gemacht, wo man sich besonders tolerant und vielfältig gibt. Auf deutschem Boden könnte dies schon sehr bald der aufbrechende Konflikt zwischen Juden und Palästinensern sein, im englischen Leicester ist dies seit dem Sommer ein offener Schlagabtausch zwischen Hindus und Moslems.
Der Auslöser war wohl ein Cricket-Länderspiel zwischen dem hinduistischen Indien und dem islamischen Pakistan am 28. August, das die Inder für sich entscheiden konnten. Beide Länder sind bekanntermaßen Erzfeinde. Noch am selben feierten die Hindus in einem muslimischen Viertel von Leicester, was für offene Gewaltausbrüche sorgte. Seit dem ist Ruhe ein Fremdwort in Herzen Englands.
Genauer ausgedrückt heißt dies: Es kommt immer wieder zu Massenprügeleien, zu Aufmärschen und zu gegenseitigen Beschädigungen von Tempeln und Moscheen. Eine scheinbar harmlose Sportveranstaltung wurde zum Pulverfass, das man auf überschaubarem Raum entzündet hat. Bislang soll es zu 50 Festnahmen und 158 registrierten Straftaten gekommen sein. Besonders am 17. September diesen Jahres hat die Eskalationsstufe einen neuen Höhepunkt erreicht. Britische Medien machen die pro-hinduistische nationalistische Hindutva-Bewegung für die Gewaltausbrüche verantwortlich. Allerdings erhielten auch islamistische Aktivisten von der Regierung in Pakistan nachweisliche ideologische Rückendeckung.
97 Prozent aller Pakistani gehören schon seit Jahrzehnten dem islamischen Glauben an. Die restlichen verbleidenden Christen und Hindus werden hingegen verfolgt und als entrechtete Untermenschen angesehen. In Leicester nehmen sich viele der Migranten selbst in der zweiten oder sogar dritten Generation nicht als Briten wahr. Vor allem die religiöse Identität wird ständig über die Vorzüge eines modernen Wohlfahrtsstaates gestellt. Dabei ist es längst nicht das erste Mal, dass es auf der britischen Insel zu gewaltsamen Migrantenaufständen kommt: Unter anderem 2001 in Bradford, als sich über 1000 Moslems und Südasiaten hitzige Gefechte mit der Polizei geliefert hatten.
Im Jahre 2016 wurde Leicester City ziemlich überraschender Premier League-Meister. Weitaus weniger überraschend ist hingegen die ungute Entwicklung der 350.000-Einwohner-Kommune in Bezug auf ihre Migrationspolitik. Bereits in den Siebzigern hatte die Stadt einen Ausländeranteil von rund 40 Prozent. Waren es zunächst Inder, die in Scharen nach Leicester kamen, so folgten Unmengen an Migranten aus Uganda. 2011 hatten nur noch 50,6 Prozent aller Einwohner eine weiße Hautfarbe. Wie immer waren Gutmenschen und Sozialromantiker nicht weit, um Leicester zum Vorzeigemodell in Sachen Toleranz, Vielfalt und Integration zu erklären. Dabei ist die Jahrhunderte alte Feindschaft zwischen Hindus und Muslimen der einzige Kulturimport, den man in den englischen East Midlands wirklich zu verzeichnen hat. Und auch in Deutschland glaubt die „Mehrheit“ weiterhin, dass die Muslime zu anderen Menschen werden, wenn sie nur die Grenze überschreiten. Wie lange diese fragwürdige Freundschaft und Kumpanei wirklich noch anhält, wenn erst mal die Raumkapazitäten dahinschwinden und die Geldquellen versiegen, bleibt abzuwarten.
Links:
https://der-dritte-weg.info/2022/10/religionskriege-in-leicester-video/
https://apollo-news.net/religionskrieg-in-leicester-multikulti-scheitern-in-grossbritannien/
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Islamische Geschlechter-Apartheid: Hörbar im Muezzin-Ruf, sichtbar innerhalb der Moschee
Ein Gastbeitrag von Dr. Udo Hildenbrand *)
Im Nachklang zur hitzigen und kontrovers geführten Debatte nicht nur in den deutschen Medien über den Muezzin-Ruf in Köln macht der Autor auf ein heikles, in diesem Kontext wohl kaum öffentlich artikuliertes Thema aufmerksam: Die islamische Geschlechtertrennung, verbunden mit Hinweisen auf den Stand und die Stellung der Frau im Islam. Wenn auch eher verdeckt, offenbart sich die Geschlechter-Apartheid im Muezzin-Ruf, dagegen deutlich im Moschee-Geschehen und ebenso in der innerislamisch weitgehend abgelehnten Tätigkeit der Frau als Imamin. Auch die Einstellung der Kölner Oberbürgermeisterin zur Problematik des Muezzin-Rufes wird erneut kritisch hinterfragt.
Kürzlich las ich in einer großen Tageszeitung, die als konservativ bezeichnet wird und seit Jahrzehnten zu meinen Info-Quellen gehört, einen Leitartikel über den heftig umstrittenen öffentlichen Muezzin-Ruf in Köln. Neben einer Reihe mehr als fragwürdiger Aussagen, die nahezu alle im Kontext des Muezzin-Rufes relevaten Probleme ausblenden, heißt es im Leitartikel beschönigend: Der Muezzin-Ruf „lädt schlicht zum Gebet ein, das für die Gläubigen verpflichtend ist.
1. Der Muezzin- Ruf ist nicht an Frauen gerichtet.
Doch ist das Freitagsgebet wirklich für alle Anhänger des Islams verpflichtend? Stellt der Leitartikler hier den angezeigten Sachverhalt richtig dar? Antwort: Nein! Warum? Weil das Freitagsgebet keineswegs für „die Gläubigen“ insgesamt, also auch für die Frauen, verpflichtend ist, sondern einzig und allein für die muslimischen Männer. Folglich richtet sich der Muezzin Ruf ausschließlich an die Männer. Damit aber verbirgt sich hinter der Behauptung im Leitartikel eine veritable Fake-Nachricht.
Und ist das Freitagsgebet in der Moschee für „die Muslime“ das wichtigste Gebet? Ein zweites Nein! Warum? Weil das Freitagsgebet auch nicht für alle Muslime das wichtigste Gebet der Woche ist, sondern ausschließlich wiederum für die muslimischen Männer. Moscheen sind „Männerhäuser“ (Nekla Kelec), in denen sich die muslimische Männergesellschaft versammelt.
Für Frauen und Kinder gibt es jedenfalls keine Verpflichtung, am Freitagsgebet teilzunehmen. Die Frauen sind sogar in den traditionellen Moscheen nahezu völlig vom Gebets- und Predigtsaal den Männern abgeschottet. Eine Ausnahme ist in der vergleichsweise positiven „Emporenlösung“ als Frauenbereich zu sehen, die auch in der neuen Kölner Ditib- Moschee gefunden wurde. Gleichwohl ist es bezeichnend: Die Moscheen in Deutschland sind als reine Männerräume entstanden. Erst in den 1980-er Jahren setzten sich Frauen für eigene Gebetsräume ein, die jedoch weder an Größe noch an Ausstattung mit den Männerräumen zu vergleichen waren.
In den meisten Moscheen gibt es für Frauen und Männer unterschiedliche, nämlich getrennte Eingänge. Neben dem Haupteingang nur für die Männer, gibt es einen Nebeneingang für die Frauen. Heute weisen die meisten Moscheen einen Frauenbereich aus mit Lautsprecherübertragung aus dem großem Gebetssaal für die Männer. Die Frauenräume sind jedoch - wie berichtet wird - oftmals eher Abstell- und Kellerräume, ebenso Zimmer, in denen die Schuhe abgestellt werden, auch Räume mit (von den Männern?) zerfetzten Teppichen. Meist sind sie sehr klein und ohne besondere Ausstattung. Gelegentlich soll auch das Büro des Imams als Frauenraum dienen. So die Schilderungen.
2. Gründe für das Ausschließen der Frauen
Die Befreiung der Frauen von der Pflicht zur Teilnahme am Freitagsgebet wurde einst /wird heute (?) begründet mit der Arbeit in der Familie etwa im Blick auf kleine Kinder. Und was ist, wenn die Kinder groß geworden sind? Auch der Ausspruch Mohammeds, wonach die beste Moschee für die Frau ihr Haus sei, wird als Begründung für diesen Ausschluss angeführt.
Hinter einer speziellen Begründung für diese Abschottung der Frauen von bzw. in der Moschee steht gewiss u.a. auch ein sexistisch gefärbtes Argument: Das islamische Gebet mit seiner Bück- und Verbeugungshaltung, die Unterwerfung signalisieren soll, sei stark körperbetont. Dabei sei beim Anblick einer attraktiven Hinteransicht einer Frau die Konzentration der Männer auf das Gebet sehr erschwert. Die Schuldigen sind also wieder einmal nicht die Männer, sondern die Frauen. Durch die von ihnen möglicherweise ausgehende erotische Anziehungskraft wurden/werden (?) sie sogar zu „potentiellen Unruhestifterinnen“.
Die etwas berühmtere Parallelversion zu diesem Prinzip der sexistisch begründeten Trennung der Geschlechter in der Moschee ist die Ganzkörperverschleierungs- bzw. die Kopftuchproblematik mit ihrem ebenfalls sexistischen Hintergrund. Das Kopftuch ist „ein Zugeständnis an die angebliche Schwachheit der Männer, die ihre Männlichkeit beim Anblick unbedeckter Frauen angeblich nicht im Zaun halten können“ (Bodo Bost). Auch durch das Kopftuch bzw. die Verschleierung müssen sich also die Frauen vor den männlichen sexualgefärbten Attacken schützen. In beiden Fällen ziehen jedenfalls die Frauen den „Schwarzen Peter“: Immer sind sie die Schuldigen.
In diesem Zusammenhang dürfte im Blick auf die grundsätzlich verhinderte Präsenz der Frauen im Gebets- und Predigtraum der Moschee auch noch eine besondere Problematik relevant sein, die gleichfalls den weiblichen Körper betrifft: die menstruierende Frau. Dabei stehen religiös konnotierte Verbote im Raum. Das Thema wird im 7. Abschnitt dieses Berichtes etwas näher ausgeführt, hier jedoch nur als (möglicher) Ausschließungsgrund für die Frauen erwähnt.
3. Das in den Moscheen geprägte islamische Frauenbild der Männer
Bildaufnahmen in Moscheen zeigen oftmals nebeneinander auf den Knieen betende Muslime, Mann für Mann, dicht gedrängt in ihrer Bück- und Verbeugungshaltung. Eine Phalanx von Männern, eine ausschließliche Männerwelt, geistig-geistlich, auch psychisch-emotional prägend für jeden einzelnen Muslim. Hinzu kommt vor allem die Predigt des Imams: Sie impulsiert das Menschenbild der Muslime auch im Blick auf den korangestützten minderen Rechtsstatus der Frauen, auf deren Ungleichstellung gegenüber den Männern.
Hierzu eine veranschaulichende Auswahl entsprechender Fakten aus der traditionellen islamischen Lehre über den Stand und die Stellung der Frau, die alle den Gesetzen unserer freiheitlichen Grund- und Werteordnung widersprechen:
Es gibt im Islam zwar die Gleichheit von Männern und Frauen bzgl. ihrer Würde, aber keine Gleichwertigkeit, keine Gleichberechtigung, keine Geschlechtergerechtigkeit: Männer stehen über den Frauen, sind ihnen überlegen, weil Allah die Frauen nicht im gleichen Maße mit Verstandes- und Körperkräften ausgestattet habe - Frauen sind den Männern untergeordnet - Frauen haben nicht die gleichen Rechte vor Gericht - Zeugenaussagen von Frauen haben nur den halben Beweiswert (außer in spezifischen Frauenangelegenheiten) - Frauen haben auch nicht die gleichen Rechte in Erbschaftsangelegenheiten - Sie können durchweg nur durch einen Vormund rechtsverbindlich handeln – Frauen müssen sich mit Nebenfrauen abfinden und dürfen geschlagen werden, wenn sie nicht gehorchen - Frauen sind sogar bei ihrer Eheschließung geschäftsunfähig - Sie dürfen von ihren Männern verstoßen werden usw.
Muslime hören (in der Moschee) oder lesen in ihrem Koran auch die vielsagende, frauenfeindliche Koransure 2,223. Darin wird – wie in einem Freibrief für Männer - die Unterordnung der Frau unter den Mann auch im sexuellen Bereich drastisch und entmenschlicht artikuliert, zugleich „großzügig“ lizenziert und darüber hinaus noch zu einem entsprechenden Handeln angeregt: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu (diesem) eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt“ (Übers.: Rudi Paret).
So wird das Frauenbild muslimischer Männer wesentlich geprägt von ihren Erfahrungen, die sie in den von ihnen besuchten frauenfreien Gebets-und Predigträumen der Moscheen machen, gleicherweise von den Lehren, die dort verkündet werden. Das Frauenbild im Islam wird mitgeprägt von Moscheegemeinden, die „meist rückständige Männervereine mit einem veralteten Frauenbild“ sind (Necla Kelek).
4. Die zweifache Exklusion des Muezzin-Rufes
Da sich der Muezzin-Ruf als Sprechgesang in arabischer Sprache also nur an die muslimischen Männer, nicht an die muslimischen Frauen richtet, diesen der Zugang zum Gebets- und Predigtsaal, dem Zentrum der Moschee, untersagt ist, kommt bereits in diesem Ruf überdeutlich die Geschlechter-Apartheid, die Geschlechtertrennung zum Ausdruck, die zu den Kennzeichen der Religion Mohammeds zählt. Im Ruf des Muezzins, der ausschließlich die muslimischen Männer zum Freitagsgebet ruft, müsste deshalb die zweimalige Aufforderung „Eilt zum Gebet“ ehrlicherweise etwa heißen: „Muslimische Männer, eilt zum Gebet!“ In diesem Einladungsruf des Muezzins zum Freitagsgebet ist so eine zweifache Exklusion (Ausgrenzung) enthalten:
1. Die hier angezeigte Exklusion, die sich in der Einladung zum Freitagsgebet ausschließlich an die muslimischen Männer richtet und die Frauen ausschließt.
2. Die in der Debatte über die Genehmigung des Muezzin-Rufes immer wieder heftig monierte Exklusion des islamischen Glaubensbekenntnisses, die sich aggressiv und intolerant gegen alle nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften richtet und letztlich deren Existenzberechtigung verneint. Dieser Ruf, Frau Oberbürgermeisterin, verstößt offen gegen den Grundsatz, dass in einer multireligiösen und multikulturellen Gesellschaft die Menschen mit ihren unterschiedlichen (Glaubens-)Wahrheiten und Überzeugungen miteinander lin Frieden leben müssen und niemand dem anderen das Existenzrecht abspricht.
3. Ausgerechnet eine Frau plädiert für eine Vielfalt ohne Frauen.
Der Ruf des Muezzins signalisiert somit eindeutig die in den orthodoxen, traditionalistischen Hauptströmen des Islams gelehrte und geforderte Geschlechter-Apartheid mit ihren archaisch-patriarchalischen Strukturen. In Köln wurde diese frauenfeindliche religionsideologische Position jetzt ausgerechnet von einer Frau, der dortigen Oberbürgermeisterin - ohne Stadtratsbeschluss - aktiv und tatkräftig vorangetrieben mit der fadenscheinigen Berufung auf die angeblich in der Stadt gelebte Vielfalt, Multikulturalität und Toleranz. So heißt es in einer ihrer Stellungnahmen: „Wenn wir in unserer Stadt neben dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird“. Doch die im Islam praktizierte Geschlechter-Apartheid ist das direkte Gegenteil von Vielfalt. Sie verstößt fundamental gegen die Vielfalt unter den Menschen im zentralen, wenn auch kleinsten Bereich des Menschseins: in der gegenseitig sich ergänzenden Zweierbeziehung von Mann und Frau.
Wie aber sieht es aus mit dieser Vielfalt in der Moschee selbst? Necla Kelec, die es als Insiderin wissen muss, gibt der Kölner Ellenbogen-Oberbürgermeisterin die knallharte Antwort auf deren von Unkenntnis und/oder von Ideologieverbohrheit gekennzeichnete Aussage: „Vielfalt kommt innerhalb der Moschee nicht vor“. Ähnlich auch die liberale Imamin Seyran Ates: „Die konservativen Muslime sehen nicht einmal die Pluralität in ihrer eigenen Religionsgemeinschaft.“
Die Frau Oberbürgermeisterin freut sich offensichtlich mit dem Häuflein der 16% der in ihrer Stadt Befragten, die sich für den Muezzin-Ruf ausgesprochen haben, über die dort „gelebte Religionsfreiheit“, wenn sie den wohlklingenden Muezzin-Ruf hören dürfen. Alle die in der Moschee zurückgesetzten Frauen scheinen sie alle nicht zu interessieren. Nichts von wegen „feministischer Stadtpolitik“. Sie klopfen sich in dieser Freude lieber gegenseitig auf die Schultern: Großartig! Gelebte Religionsfreiheit bei uns! Wahre Toleranz in unserer Stadt!
Offensichtlich merken die Euphorisierten nicht, dass in diesem arabischen Sprechgesang mit seinem intoleranten Absolutheitsanspruch letztlich allen anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften – und damit auch sich selbst - das Existenzrecht abgesprochen wird.
Dem Gegenteil von Religionsfreiheit, dem Gegenteil von Toleranz und Multikulturalität jubeln sie zu. Dabei hört man sie immer nur rufen: „Wir sind eine tolerante, multikulturelle Stadt“, aber nie: „Wir sind eine kluge Stadt“ - so ein leicht geändertes Zitat. Und es bewahrheitet sich auch hier die Erkenntnis von Harald Martenstein: „Die deutsche Naivität nimmt kein Ende“, bis es zu spät ist - wäre noch zu ergänzen.
Bei den beachtlichen 76 % der Unfrageteilnehmer/innen kommt gewiss keinerlei Freude über den Muezzin-Ruf auf. Sie lehnen ihn klugerweise ab und haben auch triftige Gründe dafür.
4. Ist Mohammeds Praxis für muslimische Frauen eine Chance?
Um die heutige Präsenz und Stellung der Frau in der Moschee gibt es innerhalb der verschiedenen Strömungen des Islams z.T. heftige Auseinandersetzungen, von Musliminnen selbst initiiert und getragen. Dabei wird deutlich: Der Auschluss der Frauen vom gemeinschaftlichen Freitagsgebet ist kein unumstößliches Dogma der islamischen Lehre. Von Mohammed wird die Aufforderung überliefert: „Hindert die Dienerin Allahs nicht am Gang zur Moschee Allahs" - eine Aussage, die in einer gewissen Spannung steht zu seiner oben zitierten Empfehlung, „die beste Moschee“ sei für die Frau ihr Haus. Zu Mohammeds Zeiten soll es jedenfalls keine räumliche Trennung von Frauen und Männern beim Freitagsgebet gegeben haben: Vorne sollen die Männer gebetet haben, dann die Kinder, anschließend die Frauen.
Wenn dies zutrifft, stellen sich etwa folgende Fragen: Warum ist sogar in heutiger Zeit in nahezu allen Moscheen kein gemeinsames Freitagsgebet von Männern und Frauen möglich, wenn keine dogmatischen Gründe für ein Verbot vorliegen und diese Form des Gebetes bereits zu Beginn des Islams durchaus üblich war und offensichtlich sogar von Mohammed selbst, dem großen Vorbild der Muslime, auch praktiziert worden ist? Ist die Anfangszeit des Islams für Muslime nicht ein entscheidender Orientierungspunkt, gar ein verpflichtender Maßstab auch für spätere Zeiten?
Oder haben möglicherweise die (negativen) Verhaltensweisen der muslimischen Männer dazu geführt, dass sich in der Religion Mohammeds erst im Laufe der Zeit allmählich die Tradition der Geschlechtertrennung beim Freitagsgebet in der Moschee herausgebildet hat, nachdrücklich gestützt von dem oben angedeuteten autoritären, patriarchalischen Frauenbild, das der Koran zeichnet und dabei keine Geschlechtergerechtigkeit kennt?
5. Immer gemeinsamer Kirchenraum: Früher seitenmäßige Geschlechtertrennung
Auch im christlichen Gottesdienst gab es die Geschlechtertrennung bereits seit dem Frühchristentum (1.-5. Jh.), später in allen drei Hauptkonfessionen (röm.-kath., evang., orthodox). In den katholischen Kirchen saßen die Männer in der Regel rechts (auf der Epistelseite) und die Frauen links (auf der Evangelienseite). Seit dem 2. Vatikanischen Konzil (1962-65) sind weltweit alle diesbezüglichen Vorgaben entfallen.
Der grundlegende und entscheidende Unterschied zwischen der christlichen Gottesdienstfeier und dem islamischen Freitagsgebet bzgl. Geschlechtertrennung ist jedoch: Im Gegensatz zur muslimischen Tradition haben Frauen und Männer in der christlichen Tradition immer und zu jeder Zeit gemeinsam in einem kleineren oder größeren Kirchenraum Gottesdienst gefeiert, also gemeinsam miteinander gesungen, gebetet, auf Gottes Wort gehört und die eucharistische Mahlfeier gehalten. Die Frauen waren also zu keiner Zeit in der 2000-jährigen Geschichte des Christentums vom Gottesdienst ausgeschlossen.
Im Blick auf die Trennung von Frauen und Männern hat es – wie im säkularen Bereich - im christlichen Gottesdienst kulturbedingte Gepflogenheiten gegeben , wohl auch schuldhaftes, unchristliches Verhalten (bei den Männern - wie bei den Muslimen). Dabei war jedoch in den christlichen Gemeinden immer das grundlegende Glaubenswissen im Blick auf das biblisch geprägte Gottes- und Menschenbild präsent, das zugleich auch die christliche Lebenspraxis im Miteinander von Mann und Frau beeinflusst und geprägt hat: Der Mensch ist Gottes Ebenbild als Mann oder als Frau. Und gleicherweise: Alle Menschen sind vor Gott gleich, unabhängig ob Mann oder Frau. Eine Denkweise, die im Islam nicht denkbar ist - mit den entsprechenden Folgen für die Lebenspraxis bis hin zum islamischen Freitagsgebet.
6. Imaminnen: Ein innerislamisches Hoffnungszeichen?
In Deutschland soll es seit einigen Jahren etwa vier (selbsternannte) Imaminnen geben, in Frankreich eine einzige. Sie setzen sich für einen liberalen, aufgeklärten Islam ein, bieten geschlechtergemischte Gebetszeiten an, wobei es für die Teilnahme am Gebet keine Bekleidungsvorschriften gibt. Die Imaminnen halten ihre Predigt auf Deutsch, wodurch sie auch den Integrationsprozess unterstützen.
Diese Imaminnen sind für nicht wenige Beobachter der Vorgänge rund um den Islam auch hinsichtlich der Integration ein Hoffnungszeichen, wenn auch im Blick auf die Anzahl der Imaminnen ein äußerst bescheidenes. Demgegenüber sind die traditionellen Moscheegemeinden nach Aussagen von Necla Kelec „nicht integriert in eine freie lebendige Gesellschaft“. Sie lebten als geschlossene Gesellschaften in Parallelwelten und seien so auch verantwortlich für die Parallelgesellschaften. Ist das womöglich die berühmte „Vielfalt“, von der die Kölner Oberbürgermeisterin so schwärmt?
Aufgrund ihrer Einstellungen und Aktivitäten ist die äußerst geringe Anzahl dieser „exotischen“ Imaminnen innerislamisch stark angefeindet. Sie stellen für viele Muslime eine Provokation dar: „Eine Frau darf keine Imamin sein“ – obwohl im Koran keine entsprechenden Verbote vorliegen und es offensichtlich bereits zu Mohammeds Zeiten auch Vorbeterinnen (= Imaminnen) gab. Warum aber bleibt für eine Frau wohl für die meisten Muslime die Funktion der Imamin als Leiterin des Gebetes verwehrt?
Für viele Muslime insbesondere des orthodoxen Mainstream-Islams dürfte die entschiedene Ablehnung einer Frau als Imamin neben der koranimpulsierten Minderstellung der Frau gegenüber dem Mann noch einen sehr spezifischen Grund haben. Er bezieht sich wiederum auf die Körperlichkeit der Frau und betrifft zugleich religiöse, „moscheen-relevante“ Gegebenheiten.
So ist es nach traditionellen islamischen Vorstellungen einer menstruierenden Frau verboten, die Pflichtgebete sowie die freiwilligen Gebete zu verrichten, ferner ein Koran-Exemplar zu tragen oder es zu berühren, auch den Koran zu lesen. Zu diesen Verboten zählt auch das Pflichtfasten und das freiwillige Fasten sowie der Aufenthalt in der Moschee. Dabei ist es ihr jedoch erlaubt, ohne Aufenthalt die Moschee zu durchqueren, „wenn sie nicht befürchtet, dass Unreines die Moschee verunreinigen könnte“. Wer diese religionsbezogenen Verbote für frauengemäß, gar für menschenwürdig hält, hat schnell schlagende Argumente für ein Imaminnen-Verbot zu Hand.
Seyran Ates ist die bekannte Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, der wohl einzigen Moschee weltweit, die von einer Frau als (selbsternannte) Imamin geleitet wird. Die Rechtsanwältin und Autorin Ates engagiert sich als Frauenrechtlerin insbesondere auch für die Freiheits- und Frauenrechte auf dem Fundament unseres Grundgesetzes. Seit Jahren lebt die Imamin unter Morddrohungen und ist deshalb von Personenschützern umgeben. Woher aber kommen wohl diese Morddrohungen?
Diese zahlenmäßig insgesamt völlig bedeutungslosen Imaminnen teilen so das Los einer ebenfalls sehr begrenzten Anzahl von Frauen und Männern, die als gläubige (liberale/säkulare) Muslime oder als Ex- Muslime unter persönlichen Einschränkungen und Gefahren für einen liberalen Islam auch als Autoren/innen kämpfen. Es ist ein Kampf, zu dem auch die Geschlechtergerechtigkeit zwischen Frauen und Männern zählt.
Ob die Imaminnen wohl angesichts ihrer kaum messbaren zwergenhaften Anzahl ernsthafte Chancen haben, ihre Ziele gegenüber dem immer kampfbereiten Riesen des Mainstream-Islams erreichen werden? Wenn sie dabei nur Mitstreiterinnen wie die Kölner Oberbürgermeisterin hätten, mit Sicherheit nicht.
Die 76% der in einer Umfrage befragten Kölner, die den Muezzin-Ruf ablehnen, sind diesbezüglich wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer. Mehr allerdings noch jene bewundernswerten muslimischen Iranerinnen, die ihre Kopftücher abreißen und oft unter Einsatz ihrer Freiheit, auch ihres Lebens gegen das religionsbasierte Unterdrückungssystem der schiitischen Mullahs und der islamischen Sittenpolizei auf den Straßen ihres Landes protestieren.
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Der Publizist Dr. Udo Hildenbrand ist katholischer Theologe (Priester) und Publizist
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P O L I T S P L I T T E R
Rechtschreibung weiterhin schlecht
Viertklässler in Deutschland haben es schwer in Deutsch und Mathematik. Das zeigt der IQB-Bildungstrend 2021. Jeder fünfte Viertklässler hat Probleme mit dem Lesen und Rechnen, fast jeder dritte mit der Rechtschreibung. Die Ergebnisse haben sich im Vergleich zu den Untersuchungen 2011 und 2016 deutlich verschlechtert. Nicht neu ist, dass der soziale Hintergrund einen Einfluss auf den Bildungserfolg der Schüler habe, so die Forscher, zumal auf Kinder mit Migrationshintergrund.
Die Studie beruht auf Erhebungen von April bis August 2021, deshalb vermuten die Forscher (auch aufgrund ähnlicher Ergebnisse in anderen Ländern), dass die Testleistungen durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Einschränkung des Schulbetriebs zusätzlich geschwächt seien. Generell sei der Negativtrend schon vor der Pandemie beobachtet worden.
„Der IQB-Bildungstrend 2021 liefert alarmierende Ergebnisse, die uns aufrütteln müssen“, so die Autoren laut Tagesschau.de. Kinder seien auf ein verlässliches Schulsystem angewiesen, der Lehrermangel sei eine bleibende Herausforderung. (tagesschau.de, iqb.hu-berlin.de)
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Gendersprache
Julia Zeh findet Gender-Regeln übergriffig
Die Bestseller-Autorin Juli Zeh warnt im Focus vor einer Spaltung der Gesellschaft. In den letzten Jahren hätten sich zwei Gruppierungen an den politischen Rändern gebildet: Auf der linken Seite gebe es „ein wokes Akademiker-Großstadtmilieu, auf der rechten die AfD und schlimmere Gruppierungen. Beide Seiten repräsentieren eher Nischen, werden aber immer lauter und damit einflussreicher“, so Zeh. Die breite Mitte hätte das Gefühl, sich zu einer der beiden Seiten bekennen zu müssen. Dazu gehöre auch die Aufregung rund um das Thema „Gendern“. Es sei „ein Symbol“ geworden, sagt Zeh: „Dafür, dass sich manche für die Guten halten dürfen und andere sich als die Bösen, Renitenten, Dummen fühlen sollen.“ Gendern sei ein Ausweis dafür geworden, ob jemand „dazugehört“. Wer es nutzt, sehe sich auf der Seite der „Fortschrittlichen, Aufgeklärten und Intelligenten, zu jenen, die für Sensibilität und Gerechtigkeit sind. Wer nicht mitmacht, gehört zu ‚den anderen‘. Deshalb können solche Symbole enorme Aggression auslösen. Sie sorgen für Abgrenzung.“ Zeh selbst gendert nicht, sie habe jedoch kein Problem damit, wenn es jemand tut. „Ich glaube, der Streit ums Gendern wäre nicht so groß geworden, wenn es ein Vorschlag oder eine Empfehlung geblieben wäre. Übergriffig wird es, wenn Institutionen oder Unternehmen entscheiden: ‚So wird’s jetzt gemacht! So habt ihr zu reden!‘“ (focus.de)
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Uwe Tellkamp gegen das Gendern
Die Schriftsteller in Deutschland müssten sich nach Auffassung des Autors Uwe Tellkamp deutlicher als bisher gegen die Einführung von Gender-Sprachregeln positionieren. „Die Sprache ist wie eine tausendstimmige Orgel“, sagte der 53-Jährige am Dienstagabend bei einer Lesung anlässlich der Uwe-Johnson-Literaturtage in Neubrandenburg. Das Gendern nennt er „eine Vergewaltigung von Sprache“. Das sei, als ob man dem Organisten zwei Register der Orgel wegnehme, weil diese irgendwie „kolonial belastet“ seien, sagte Tellkamp. Dann klinge die Orgel nicht mehr. Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung lehne das ab. Ihm sei unverständlich, warum sich Autoren noch nicht intensiver dagegen einsetzen, sagte der Schriftsteller unter kräftigem Beifall. (spiegel.de, n-tv.de)
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Gendern in Prüfungen nicht bestrafen
Der Landesschülerbeirat in Baden-Württemberg hat in der vergangenen Woche gefordert, die Verwendung der Gendersprache in schriftlichen Prüfungen dürfe fortan nicht als Fehler gewertet werden. Das Gremium in Stuttgart meint, dass jeder Schüler selbst entscheiden solle, ob er gendert. Das Markieren der gängigen Formen Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt als Fehler sei nicht mehr zeitgemäß. Die Lehrergewerkschaft GEW befürwortet einen differenzierten Ansatz. Ein GEW-Sprecher gab bekannt, dass das Thema zwar nicht für Grundschüler geeignet sei, man jedoch in weiterführenden Schulen das Gendern unter bestimmten Umständen, beispielsweise in mehrseitigen Essays oder in Textaufgaben der Mathematik, ermöglichen könne. Hingegen nicht in Diktaten, welche die Rechtschreibregeln des Duden als Maßstab haben, sie sollten anders bewertet werden. „Wenn sich die Sprache verändert, muss sich auch die Schule damit auseinandersetzen“, betont ein Sprecher der GEW. ( stuttgarter-nachrichten.de)
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P.S. zur Sommerzeit:
…und immer wieder grüßt das Murmeltier
Alle Halbjahre wieder kommt sie neu auf den Tisch: die Debatte um die Sommerzeit. Man blickt schon seit Jahren zunehmend verständnislos auf die bevorstehende Umstellung von Sommer- auf Winterzeit. Denn dann wird es wieder am frühen Nachmittag dunkel, was vielen von uns die Lebensfreude nimmt und einige sogar in die Depression treibt. Bei den aktuellen Rekordenergiepreisen haben die Mehrkosten für die Beleuchtung von Wohnungen und Straßen eine immer größere Bedeutung.
Wie jedes Jahr stellt sich die Frage, warum man nicht die Sommerzeit beibehält. Viele Argumente sprechen dafür, nicht auf die Winterzeit umzustellen. Aber keines stellt sich als stärker heraus als die Angst vor der Ausgrenzung in der Europäischen Union. Na ja…
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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
das mag für heute genügen.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Nächsten einen schönen Restherbst, zudem den Schutz Gottes und, wie stets an dieser Stelle, uns allen eine bessere Politik.
Mit herzlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Treue,
Ihr
Peter Helmes
Hamburg, 2. November 2022
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